Der FC Bayern und die Presse: Freunde fürs Reden

Der FC Bayern hat angekündigt, seine Pressearbeit künftig auf 20 Medien zu konzentrieren - wie es bei Wirtschaftsunternehmen längst üblich ist.

Sprechen nur mit genehmen Journalisten: Hoeneß, Klinsmann und Rummenigge. Bild: dpa

Der FC Bayern ist im Umbruch. Das liegt auch an der Verpflichtung von Jürgen Klinsmann als Nachfolger von Trainer Ottmar Hitzfeld. Jetzt wird alles neu. Auch der Pressesprecher, der in München Direktor heißt, darf mitwirken an den revolutionären Verhältnissen. Und Markus Hörwick will, dass nicht mehr jeder plappert und plaudert, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Alles soll schön kanalisiert werden und Einzelinterviews drastisch reduziert.

Ob diese Operation allerdings den Titel "Maulkorb" verdient, wird sich erst in der Praxis erweisen. Experten zweifeln an der Durchführbarkeit, weil die Bayern ihr temperamentvolles Personal - allen voran die Herren Beckenbauer und Hoeneß - austauschen müssten, um die Zielvorgabe zu erfüllen. Wer nun die Bayern in der Rolle der bösen Informationsbeschränker sieht, hat nicht ganz verstanden, wie weit Anspruch und Wirklichkeit in diesem Klub auseinander liegen. Die Pläne der Bayern sind eine bloße Notwendigkeit, wenn der Verein sich als Wirtschaftsunternehmen begreifen will. Dort ist ein solches Verhalten gegenüber Journalisten längst gängige Praxis - und niemand protestiert.

20 Medien sollen von den Bayern maßgeblich bedient werden. In der Realität standen die Chancen auf ein Rummenigge-Interview für den Generalanzeiger aus Knatterheim an der Knatter schon immer schlecht. Die einzige Möglichkeit: Die Redaktion hätte es bei Tom Kummer bestellen müssen. Derweil unterhält die Münchner Weltpresse beste Drähte zur Vereinsführung.

Sebastian Krass, der als freier Journalist in München auch für die taz über den FC Bayern berichtet, ist noch nie ein Einzelinterview mit einem Spieler bewilligt worden. "In dieser Hinsicht wird sich für mich wahrscheinlich nicht viel ändern", sagt er. Krass und Kollegen ahnen seit dem letzten Uefa-Cup-Gruppenspiel gegen Aris Saloniki, dass der Verein seine Medienpolitik überdenken will. Da hat Uli Hoeneß nach der Partie zur großen Medienschelte angesetzt. Dem Manager hat nicht gepasst, wie über die Zukunft von Ottmar Hitzfeld berichtet worden war, besonders verärgert war er jedoch über die Darstellung der Kurzzeitsuspendierung von Oliver Kahn in etlichen Medien.

"Wir können es auch machen wie in Mailand", hat er damals gesagt und auf den Champions-League-Sieger angespielt. Der trainiert weit außerhalb der Stadt auf einem schicken Gelände, zu dem normalerweise weder Medien noch Fans Zugang haben. Die Münchner Sportjournalisten gehen davon aus, dass es für sie künftig nicht mehr so leicht sein wird, eine Akkreditierung für das Trainingsgelände zu bekommen. Dass die Presse bestenfalls geduldet wird an der Säbener Straße, lässt sich allein schon am Presseraum in der Geschäftsstelle festmachen. Der platzt bei so mancher Pressekonferenz aus allen Nähten. Auf die Unzulänglichkeit des "Pressestüberls" angesprochen, hat Klubsprecher Hörwick unlängst gesagt: "Was wollt ihr eigentlich?! Wir haben doch eine neue Klimaanlage einbauen lassen."

Die Bayern, ein "irrationales Gebilde, wenn es um Public Relations in eigener Sache geht" (FAZ), haben also angekündigt, "konsequentes Monitoring der Berichterstattung" betreiben zu wollen. Ins Deutsche übersetzt: Der größte deutsche Fußballverein, auf dessen wirtschaftliche Eckdaten mancher weltweit tätige Mittelständler stolz wäre, führt einen Pressespiegel ein. Die Bayern denken zudem über ein Modell nach, wie es der amerikanische Präsident praktiziert: einige wenige, freundlich gesinnte Medien rücken nahe heran. Auch das wäre angesichts des eher freundlichen Monitorings seitens der Medien eher eine Bestätigung des Status quo als eine Neuerung.

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